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29-06-16 10:21 Alter: 8 yrs

VON:HANS-WALTER GERMROTH

40 Jahre alte Partagás – wie die wohl schmeckt

»Art of Smoke«-Tester und Habanos-Experte H.-W. Germroth stieß auf 40 Jahre alte Partagás-Zigarren. Für die stilgerechte Verkostung besorgte er sich die passenden Accessoires.



Partagás Petit Perfecto – gab es schon vor der Revolution, wurde etwa um 2002 eingestellt.


Asbach-Aschenbecher und Welthölzer auf blau-weiß karierter Tischedecke – die Standardeinrichtung fast aller Kneipen und Raststätten der 1970er Jahre


Eine DM (Deutsche Mark) von 1976


Reagenzglas und Flaschenwachs – in 10 Jahren ist die Zigarre noch da. Ob es dann noch den Euro oder schon wieder DM gibt? Wer weiß. (alle Bilder: Hans-Walter Germroth)

Ich hatte das große Glück, zwei 40 Jahre alte Partagás Zigarren zu ergattern, die (angeblich) immer unter optimalen Umständen gelagert worden waren. 

Die beiden Partagás Petit Perfecto sind aus dem Herstellungsjahr zwischen 1976 und 1978, der Einfachheit halber deklariere ich sie mal auf ein Alter von 40 Jahren. Ich denke, bei so einem Alter kann man eine zeitliche Unschärfe von zwei Jahren durchaus verschmerzen.

Eine davon wird nun in Rauch aufgehen, die andere wird sorgsam verwahrt liegen bleiben, um … wer weiß, vielleicht in 10 Jahren ihrer Bestimmung zugeführt zu werden.

Das Erscheinungsbild ist ziemlich unscheinbar. die Zigarre ist recht derb verarbeitet, vielleicht ein ganz klein wenig zerknittert. Aber wer ist das nach 40 Jahren nicht.

Ein Kaltgeruch ist nicht zu riechen und falls man doch etwas riechen möchte, dann ist da eine minimale Muffigkeit (vielleicht waren sie ja doch mal kurzzeitig nicht ganz optimal gelagert) zu erahnen, da darf man auf den Geschmack und Geruch nach dem Anzünden gespannt sein.

Ich habe sie wirklich mit dem einzelnen Streichholz im Aschenbecher angezündet. Der erste Zug ließ Schlechtes erahnen, die Muffigkeit die man riechen konnte, war leicht zu schmecken, doch schon der zweite Zug offenbarte eine ungetrübte Rauchfreude, nichts war mehr zu schmecken von dem Muff!

Die 40 Jahre waren der Aromenvielfalt nicht gerade zuträglich. Sehr leichte Kuba-Aromen waren zwar zu schmecken, in einer Blindverkostung hätte die Zigarre bei mir aber nicht wirklich gut abgeschnitten. Wenn man allerdings wissentlich so eine alte kubanische Zigarre verkostet, dann ist man einfach parteiisch und möchte was Positives aus diesem Smoke für sich zurückbehalten.

Somit kann ich nur ein deutlich von positivem Wohlwollen durchzogenes Urteil abgeben, welches da lautet: Eine sehr leichte Zigarre mit angedeuteten Kuba-Aromen und (das war das Highlight!) einer Unmenge sehr cremigen Rauches. Sie neigte ganz leicht zum Ausgehen, was man mit einer etwas erhöhten Zugfrequenz aber gut ausgleichen konnte.

Missen möchte ich dieses Raucherlebnis nicht, aber mich forciert um die Beschaffung weiterer Zigarren kümmern, würde ich jetzt auch nicht.

Alles in allem freue ich mich darauf, in 10 Jahren meine zweite rauchen zu können.

Nachtrag:
Die Welthölzer sollten jedem, der über 40 ist, ein Begriff sein. Mir sind sie es aus meiner Kindheit jedenfalls. Der Gasherd, die Kerzen und ja, auch die Zigarren wurden samt und sonders mit Welthölzern entzündet. Monopol machte es möglich. Einwegfeuerzeuge waren Mangelware und wer als Kind ein Päckchen Welthölzer besaß, war der King. Wir haben ja alle gerne gekokelt, oder?

Ein Stumpen und ein Asbach – das war die Zusammenstellung, die die älteren Herren gerne genossen. Der Ascher und die zerknitterte blau-weiß karierte Tischdecke vervollständigen hier das Bild, das man in Kneipen früher vorfand.

Die zweite Zigarre habe ich, gut konserviert, eingelagert – in einem Reagenzglas mit Korken, versiegelt mit Flaschenwachs, wird sie nun die nächsten Jahre schlummern.