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06-07-11 20:15 Alter: 13 yrs

VON:GH

Der junge Mann und die Elbe • Zigarren in der Lounge in Hamburg-Altona

Vor zwanzig Jahren fing Stefan Appel, damals gerade Anfang zwanzig, beim Zigarrenmacher Otto Hatje im Herzen von Altona an.


Die Zigarrenlounge in Altona bei Otto Hatje
Die Zigarrenlounge in Altona bei Otto Hatje

Fünf Jahre später übernahm Appel die Firma, die seit fast 90 Jahren existiert.

Im Laufe dieser Zeit hat sich nicht viel verändert.

70 % Luftfeuchtigkeit und ca. 20° Raumtemperatur können einem Brillenträger bei kalten Wetter schon mal kurzfristig die Sicht rauben, wenn er den Laden betritt. Das ganze Geschäft ist ein einziger Humidor.

Keine Frage – in diesem Laden weht der Hauch alter Hamburger Kaufmannstradition und -geschichte. Das Geschäft ist so etwas wie ein Altonaer bzw. Hamburger Urgestein. Dementsprechend konservativ auch der Vertrieb, der hier noch ganz altmodisch „Verkauf“ heißt. Der Stammkunde kommt mit seiner leeren Zigarrenkiste und lässt sie auffüllen. Kistenmüll kommt auf diese Weise erst gar nicht zustande.

Internet? Fehlanzeige. Eine Visitenkarte erscheint, wenn man www.ottohatje.de aufruft. Der erste Seitenaufruf könnte erschrecken. Ein Torpedo vor einem RAF-Stern? Hamburg-Altona? Sternschanze? Falsche Assoziation! Der Schriftzug „Zigarrenmacher“ leitet die Entwarnung ein. Hier wird in Frieden nur Zigarre geraucht.

Wer bei Hatje kauft, kommt in den Laden oder ist seit Jahren Stammkunde und kann dann auch gegen Rechnung beliefert werden. Eine E-Mailadresse, sagt Stefan Appel, habe er sich allerdings inzwischen zugelegt.

Auffallend ist der hohe Anteil junger Kundschaft. „Das geht etwa so bei 20–25 Jahren los“ sagt Appel, „da beschäftigen sich einige mit der Frage: Zigarette oder Zigarre“. Viele bleiben dann bei Hatje und seinen eigenen Marken hängen. Und wer mal etwas anderes probieren möchte: Kein Problem. In seinem Auswahltableau finden sich alle gängigen Marken und Formate zur Ansicht und Auswahl.

24 Sumatra-, 25 Brasil- und vier Havannaformate verzeichnet die Liste, die hier ganz einfach „Bestellbogen“ heißt. Mit 35 Cent beginnt es bei der Señoritas und endet mit drei Euro bei der Exquisit. Die allermeisten Formate liegen im Bereich zwischen 80 Cent und 1,60 Euro. Preise, mit denen auch ein kleineres Budget nicht überfordert ist. Dafür erhält der Kunde 100 % Tabak und handgemachte Ware.

Zu einer guten Zigarre gehört ein passendes Getränk. Folglich bietet man bei Hatje dem Kunden Whisky, Sherry, Rum und Brandy direkt aus dem Fass an.

An Zigarren, Rum und Whisky vorbei geht es in die Lounge. Ein feiner und mit viel Liebe zum Detail hergerichteter Rückzugsraum, der an den allermeisten Tagen deutlich zu klein ist – vielleicht ist dies aber auch das Erfolgsgeheimnis. Denn leer ist die Lounge eigentlich nur, wenn der Laden geschlossen ist.

Wer mal nach Hamburg kommt, oder gar dort wohnt, dem sei ein Besuch ans Herz gelegt. Zigarren in diesem Ambiente auswählen und bei einem Kaffee oder Rum genießen – das hat schon was.

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