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09-12-21 09:00 Alter: 2 yrs

VON:GH

Hat ein Botschafter eine Botschaft?

Thomas Neisinger, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Kuba von 2015 bis 2019, inzwischen a. D., hatte mehr als eine Botschaft … unter anderem an Annalena Baerbock.

Über einen weiteren „Salonabend“ im Hafen von Berlins Zigarrenhändler Maximilian Herzog.



Thomas Karl Neisinger, Botschafter Deutschlands in Kuba von 2015-2019, besuchte „Herzog am Hafen“. Im Vordergrund Berlins Zigarrenhändler Maximilian Herzog.

Berlin. Auf dem Weg in den Hafen hört man ein recht großes Orchester mit der Instrumentalfassung von Nina Hagens „Du hast den Farbfilm vergessen“. Sehr viel dienstlich abgeordnetes Publikum …

Völlig freiwillig und trotz „2 G +“ ist der „Hafen“, so der Kurzbegriff für „Zigarren Herzog am Hafen“, voll. Maximilian Herzog hatte unseren Botschafter in Kuba (2015-2019) eingeladen.

45 Minuten berichtete Thomas Neisinger über seine Zeit dort. Man hätte ein Deckblatt platzen hören können, so still war es bei seiner Schilderung der Lage und den zahlreichen Geschichten, die ein Botschafter in einem kommunistischen Apparat erlebt.

Kubas Nomenklatura sei eine geschlossene Gruppierung, zu der man so gut wie keinen Zugang finde und daher nur selten erahnen könne, wie Entscheidungen zustande kommen. Zwei Merkmale konnte Neisinger allerdings ausmachen: Die Angst vor Gesichts- und Kontrollverlust sowie der Stolz, nicht durch Spenden oder ähnlich konnotierte Zuwendungen als bedürftig erscheinen zu wollen.

Die in seiner Amtszeit angebahnten etwa einhundert Joint Ventures seien mit einer Ausnahme letztlich alle gescheitert.

Wer weniger als 15 Hektar Land bewirtschafte, dürfe „privat“ agieren, also auch entscheiden, was er jeweils anpflanze. Da komme es bei einer prekären Lebensmittelversorgung schon mal vor, dass statt Tabak Bohnen angepflanzt würden. Einer der Gründe, warum es weniger Tabak und damit weniger Zigarren gäbe.

Die Schallwellenangriffe auf Mitarbeiter der amerikanischen und auch der kanadischen Botschaft konnte Neisinger aus eigener Anschauung bestätigen. Das war es dann aber auch hierzu. Wer letztlich der Verursacher war und mit welcher Technik sie erfolgten, sei zumindest offiziell nie geklärt worden.

Zum Schluss hatte der Botschafter a. D. noch eine Botschaft an die gestern vereidigte Außenministerin Annalena Baerbock. Auf die Frage, wie er, der unter Ministern wie Klaus Kinkel und Hans Dietrich Genscher seine diplomatische Prägung erfahren habe, denn auf „die Neue“ als Chefin reagieren würde, meinte er nur, dass es dem Apparat des Außenministeriums schon immer recht egal gewesen sei, wer unter ihm als Minister oder Ministerin anwesend sei.

Oder anders ausgedrückt: Das Außenministerium ist eine verlässlich Größe, die sich in ihrem langfristigen Handeln nicht durch kurzfristige Personaländerungen vom Kurs abbringen lässt.