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25-01-07 09:00 Alter: 17 yrs

VON:PAUL ALTENAU

Moskauer Ladenhüter

Die kleine Zigarrengeschichte am Donnerstag.



Während eines Aufenthaltes in Moskau im Jahr 1984 hatte ich meine erste Begegnung mit Zigarren der Marke Romeo y Julieta, welche in der Hotelbar verfügbar waren. So beschloss ich die Abende in Moskau jeweils, indem ich ein Exemplar dieser Zigarren ihrer Bestimmung zuführte.

Die Zigarren waren sehr preiswert, wurden allerdings – obwohl sich die Nachfrage offensichtlich in Grenzen hielt – nur einzeln verkauft. Mein Versuch, eine komplette Kiste an der Hotelbar zu erstehen, blieb erfolglos. Es war halt die selige Zeit des real existierenden Sozialismus.

Zur damaligen Zeit gab es in den Hauptstädten der sozialistischen Staaten in der Regel Geschäfte, in denen Produkte der sozialistischen Bruderländer angeboten wurden. Und so gab es in Moskau ein Geschäft, in welchem kubanische Produkte verkauft werden. Die Adresse war sogar in meinem Reiseführer verzeichnet. Also machte ich mich an einem Nachmittag ohne Programm zusammen mit einem Freund und bewaffnet mit einem Falk-Plan auf den Weg zu dem Kuba-Laden.

Wir fuhren mit der Metro zu der dem Laden am nächsten gelegenen Station. Von dort aus war noch eine ziemlich weite Strecke zurückzulegen. Zwar hätte man sicherlich mit dem Bus weiterfahren können, aber die Linienführung war im Standplan nicht genau ersichtlich und so gingen wir zu Fuß und auf Nummer Sicher.

An der Straße angekommen, gingen wir in Richtung der im Reiseführer angegebenen Hausnummer. Schließlich sahen wir einen Laden, vor dem eine große Menschenschlange wartete. Das musste der gesuchte Kuba-Laden sein, denn es war das einzige Geschäft weit und breit. Wir reihten uns also in die Schlange ein und ich hatte große Zweifel, ob von der frisch eingetroffenen Zigarrenlieferung etwas übrig wäre, wenn ich an die Reihe käme. Die Wartenden musterten uns teils überrascht, teils befremdlich als West-Touristen, die ebenfalls die begehrten Waren kaufen wollten.

Endlich an der Theke angekommen stellte ich erleichtert fest, dass es sich bei der begehrten Lieferung nicht um Zigarren, sondern um Marlboro-Zigaretten handelte, die stangenweise aus dem Laden getragen wurden. Das Zigarrenangebot bestand aus einer übersichtlichen Anzahl Kisten zweier mir damals völlig unbekannter Marken. Ich bin mir nicht mehr sicher, aber ich glaube, bei der von mir gekauften Kiste handelte es sich um Zigarren der Marke Rafael Gonzales.

Die Sowjetunion war kein Staat der großen Zigarrenraucher. Das zeigte sich auch am überraschten Gesichtsausdruck der Verkäuferin ob der von mir verschmähten Marlboros und der statt dessen gewählten Ladenhüter.