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23-08-17 18:17 Alter: 7 yrs

VON:NORBERT MÖHRING

Offener Brief an den Bundesgesundheitsminister

Die Bundestagswahl nähert sich. Der Bonner Stadtmeister im genussvollen Zigarre-langsam-rauchen, Norbert Möhring, hat einige Zeilen an den Bundesgesundheitsminister geschrieben. Wir sind gespannt, ob dieser antwortet.


Bundesminister Hermann Gröhe (Copyright: BMG/Jochen Zick (action press))
Bundesminister Hermann Gröhe (Copyright: BMG/Jochen Zick (action press))

Sehr geehrter Herr Bundesgesundheitsminister,

ich bekenne mich schuldig. Ich rauche Zigarren und das schon recht lange und häufig. Es handelt sich bei mir um einen besonders schweren Fall puren egoistischen Genussstrebens, ohne dass mir die Ausrede der Nikotinsucht zur Verfügung stünde. Auch auf Unwissenheit kann und will ich mich nicht herausreden.

Allenthalben führen Sie, sehr geehrter Herr Minister, mir die Gefahren und die Schändlichkeit meines Tuns vor Augen. Unter Ihrer nachdrücklichen Anleitung ist jetzt sogar mein Groß-Dealer in Waldshut-Tiengen dazu übergegangen, jede einzelne kubanische Importkiste mühsam zu öffnen, um auch die Innenseite mit Ihren gut gemeinten Ratschlägen und Mahnungen zu bekleben. Trotz der damit einhergehenden Minderung meines Genusses sehe ich doch auch das hehre Ziel, das Sie in der Verlängerung meines Lebens vermuten.

Obwohl die Hypothese, dass das Paffen von Zigarren das Leben verkürzt, sehr umstritten ist – es wird sogar vermutet, dass Zigarrenraucher weniger unter Stress und den damit im Zusammenhang stehenden Erkrankungen leiden, weil sie besser entspannen können –, muss ich doch anerkennen, dass ich mit meinem genusssüchtigen Verhalten die von Ihnen gesetzten Werte und Richtlinien verletze. Daher muss ich wohl auch akzeptieren, dass Sie auf eine angemessene Bestrafung für mich als Wiederholungs- und unbelehrbaren Dauer-Täter drängen.

Da es außerhalb Ihrer Möglichkeiten liegt, mir Lungen-, Kehlkopf-, Zungen- oder Lippenkrebs zu verpassen, sind Sie auf andere Arten einer adäquaten Bestrafung verfallen, als da wären, das Anheizen der kollektiven gesellschaftlichen Verachtung durch die Nichtraucher-Gemeinschaft und der beliebte Klassiker, die Geldstrafe.

Als Richter über mein vermeintlich gemeingefährliches und gesundheitsgefährdendes Tun nehmen Sie die Bestrafung natürlich nicht selbst vor. Wie ehedem hat auch hier der Richter seinen Henker. In Ihrem Fall sind es derer mehrere. Zum einen sorgen unduldsame Wirtsleute und eine unverschämt pöbelnde Öffentlichkeit mit Ihrem Segen dafür, dass mir mein Genuss und mein Wohlbefinden häufig verleidet werden, zum anderen haben Sie da auch noch Ihren speziellen Erfüllungsgehilfen, früher auch Büttel genannt, den Bundesfinanzminister. Dieser Strafvollzugsbeamte setzt vor allem drei Methoden ein, um zu strafen: Importzölle, Umsatzsteuer und Spezialsteuern, in meinem Fall auch Tabaksteuer genannt.

Während sich die Tabaksteuer noch in einem angemessenen Rahmen bewegt, summiert sie sich zusammen mit den anderen Abgaben doch zu einem ansehnlichen, für die Welt der Zigarrenraucher existenzbedrohenden Betrag. Im Verein mit der gesellschaftlichen Verachtung bilden diese ein fieses System der Mehrfachbestrafung, das rechtsstaatlich höchst bedenklich und menschenunwürdig ist.

Auch als hartnäckiger Sünder hat der Zigarrenliebhaber ein Recht auf künftige sozialverträgliche Entfaltung seiner Persönlichkeit im öffentlichen Raum und ein gewisses Maß an Akzeptanz für sein abweichendes Genussverhalten. Dies gilt umso mehr, als es hier auch um sein individuelles Wohlbefinden geht.

Daher appelliere ich an Sie, sehr geehrter Herr Minister, mir und allen anderen Aficionados zu helfen. Bitte lassen Sie die Zigarrenraucher nicht zum Kollateralschaden der von Ihnen betriebenen Gesundheitspolitik werden und lassen Sie ihnen noch ein paar Freiräume zum unbeeinträchtigten Genuss. Sei es auch nur aus Dankbarkeit für deren erheblichen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens. Diese danken es Ihnen vor allem mit geistiger und seelischer Gesundheit.

Hochachtungsvoll

Norbert Möhring