Das mag in der Vergangenheit so gewesen sein. Jetzt jedenfalls ist in den östlichen Stadtteil Jenas Ruhe eingezogen. Neben den wenigen Familien der Ureinwohner lassen es sich Professores und Emeriti gut gehen.

In dieser Idylle, die aufgrund der engen Straßen lediglich von Fußgängern und nur wenigen Autofahrern aufgesucht wird, findet der Zigarrenraucher den „Ziegenhainer“. Nein, nicht den ersten oder letzten Ureinwohner, sondern das Restaurant „Zum Ziegenhainer“, dessen Chef Uwe Naumann in der Zigarrenrauchergemeinschaft als mehrfach ausgezeichneter Habanosommelier bekannt ist. Kolportiert wird, man könne ihn im Tiefschlaf wecken und zum Beispiel „Lusitanias“ abfragen. Die Antwort wären nicht nur Ringmaß, Länge und Adresse der Produktionsstätte sondern auch die Geschichte von Partagás und eine geschmackliche Beschreibung.

In den über einhundert Jahren seiner Existenz hat dieser Ort eine höchst wechselvolle Geschichte angehäuft. Vom Ausflugslokal für die Wanderer zu Zeiten des Kaisers und der schlagenden Studenten, deren Paukboden noch heute zu sehen ist, über zwei Weltkriege und die Zeit des Sozialismus bis hin zum Ausflugslokal, das heute besonders dem Zigarrenraucher ans Herz wachsen kann.

Das liegt nicht nur an einem Speisenangebot, dessen Qualität das eines gewöhnlichen Dorfgasthofes um Längen übertrifft. Mutter Naumann sei Dank. (Man frage nach Rehbraten, begehre eine doppelte Portion der Sauce und trinke dazu „Blauer Zweigelt“ aus dem Anbaugebiet Saale-Unstrut.)

Das liegt insbesondere an der anderen Perle des Hauses, die in der oberen Etage liegt, dort wo die Studenten sich einstmals ihre Schmisse verabreichten und wo in den Zeiten des Sozialismus Bühnenvorstellungen zur Hebung des sozialistischen Gedankengutes stattfanden. Genau dort hat Uwe Naumann zwei Schrankhumidore aufgestellt, in denen er Zigarren lagert, die zum Teil deutlich vor dem Jahrtausendwechsel produziert wurden. Zum Beispiel Saint Luis Rey Lonsdale aus der 50er Kabinettkiste.

Je nach Körperfülle haben acht bis zehn Personen in den Ledersesseln Platz – umgeben von leergerauchten Zigarrenkisten und angesammelten Zigarrenringen, die Zeugnis geben von einem stetig wachsenden Kreis Zigarre rauchender Jenenser und ihrer Besucher.

Natürlich könnte man auch oben essen – der Speisenaufzug aus VEB-Zeiten ist voll funktionsfähig …

Zum Opens external link in new window Ziegenhainer und dem Zigarrenzimmer …

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