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16-02-17 10:51 Alter: 7 yrs

VON:HANS BOCKHOP

Puro Sabor • Zigarrenfestival in Nicaragua • Teil 2

Besuch bei Plasencia.



Der Autor mit Nestor Plasencia jr.


Tanztruppe zur Begrüßung (Bild: Hans Bockhop)

Der Mittwoch in Nicaragua beginnt mit einer Busreise gen Norden. Die kleinen Toyota-Busse mit den Koffern auf dem Dachgepäck sehen zwar nach Abenteuer aus, die etwa zweistündige Fahrt von Granada nach Estelí ist aber wenig abenteuerlich.

Einer der festen Programmpunkte an jedem Tag ist das gemeinsame Mittagessen aller Teilnehmer an einem gemeinsamen Ort. Erfahrene Besucher solcher Festivals diskutieren darüber, ob eine dezentrale Versorgung der einzelnen Gruppen mit Sandwiches nicht einen effizienteren Programmablauf ermöglichen würde, so wie es bei einer anderen Veranstaltung in einem anderen Land gehandhabt wird. Ich geselle mich lieber zu denjenigen, die die schönen Locations für unsere Lunch-Pausen genießen und für die „effiziente Abläufe“ gerade in dieser Woche überhaupt nicht auf der Agenda stehen.

Heute Mittag sind wir zu Gast auf „Plasencia’s Family Farm“ und lassen es uns zwei Stunden gut gehen, passende Zigarrenmomente inklusive. Im Anschluss besucht unsere Gruppe die Fabrik der Plasencia Familie in Estelí.

Vor den Toren der Fabrik begrüßen uns nicht nur Nestor Plasencia und seine beiden Brüder, sondern auch eine Tanz- und eine Musikgruppe. Für das „Drumherum“ ist also gesorgt!

Branchenkenner wissen, dass die Unternehmen der Familie in Honduras und Nicaragua zu den größten Playern im Tabakanbau und in der Herstellung von PremiumZigarren gehören. Über 1.000 Hektar Anbaufläche werden bewirtschaftet. Viele Zigarrenmarken aus diesen beiden Ländern, deren Inhaber weder über eigene Felder noch über eigene Fabriken verfügen, werden auf den Feldern Plasencias angebaut und in Plasencias Fabriken gerollt.

In den letzten Jahren sind die Ambitionen wieder gewachsen, auch unter dem eigenen Namen „Plasencia“ erfolgreich Zigarren zu vermarkten. Dazu gehört zum Beispiel ein aus meiner Sicht empfehlenswerter Klassiker, der als „Red Line“ oder „Classic“ bezeichnet wird. Ein typisch nicaraguanischer Geschmack, wie er in den 90ern bevorzugt wurde: mild aber nicht flach. Zum Beginn dieses Jahrhunderts waren sie bereits in Deutschland erhältlich und sind es heutzutage wieder. (Bewerbungen für eine vergleichende Verkostung der Plasencia Classic von damals und heute sind beim Autor möglich.)

Die „Reserva Organica“ sind eine weitere Spezialität, ihre Tabake stammen aus „organischem“ Anbau. Die Anführungsstriche muss ich als leidenschaftlicher Landwirt und Haarspalter hinzufügen, da mir überhaupt kein Tabak aus „anorganischem“ Anbau bekannt ist. Tatsächlich verzichtet Plasencia bei diesem Anbauverfahren auf chemischen Pflanzenschutz und mineralischen Dünger. Auf Deutsch würde es „biologischer Anbau“ heißen, im Englischen ist der biologische Anbau „organic“. Bei über 1.000 Hektar Anbaufläche kann der studierte Landwirt Plasencia jr. sich derartige Experimente problemlos leisten.

Die Zertifizierung erfolgt durch die international anerkannte OCIA aus den USA. Wenn es sich nicht um Tabak handeln würde, sondern um Kakao oder Kaffee, dann würde dieser hier bei uns als Bio-Ware mit EU-Siegel oder mit dem deutschen Bio-Siegel verkauft werden können. Da es sich aber um Tabak handelt, stellt sich das ganz anders da: Unsere Bio-Siegel gelten nur für Lebensmittel und dürfen daher nicht für Tabak verwendet werden. Außerdem ist seit der TPD2 der Hinweis auf den „biologischen Anbau“ des Tabaks verboten, da der Raucher daraus schließen könnte, diese Tabakware sei gesünder als andere. Unabhängig davon, ob es stimmt oder nicht, sind Produktbeschreibungen dieser Art nicht mehr erlaubt.

Daraus folgt auch, dass die Reserva Organica Zigarren, die in Deutschland zurzeit erhältlich sind, vor Inkrafttreten der TPD2 produziert wurden. Ob oder wann es Nachschub gibt und welche Eigenschaften oder welchen Namen die dann haben, ist offen.

Fortsetzung folgt …