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02-11-06 10:00 Alter: 17 yrs

VON:PAUL ALTENAU

Sonderhumidore auf Rezept?

Die kleine Zigarrengeschichte am Donnerstag.



Die Schocktherapie bei Humidordeflorationshemmungen


Der Sonderhumidor von Romeo y Julieta


Der Sonderhumidor von Montecristo


Auch die Teilhabe kann schon hilfreich sein

Ich habe ein psychisches Problem. Es kostet mich unendliche Überwindung, eine neue Zigarrenkiste anzubrechen. Damit meine ich nicht, sie zu öffnen, sondern die erste Zigarre zu entnehmen und zu rauchen. Je wertvoller die Kiste, desto größer die Hemmungen, die es zu überwinden gilt.

Das erste Exemplar aus einer Kiste Rafael Gonzales Panetela Extra zu rauchen, bereitet mir relativ wenig Probleme – obwohl – einen kleinen Stich versetzt es mir schon. Eine 25er HNK Ramon Allones Specially Selected anzubrechen, erfordert bereits deutlich mehr Überwindung. Schier unerträglich werden die Qualen, wenn ich versuche, ein 50er Cabinet Partagas Lusitanias anzubrechen und es ist geradezu undenkbar, die letzte in meinem Bestand befindliche Kiste einer Zigarre, die nicht mehr produziert wird, zu schänden. Genauso gut könnte ich versuchen, vom Hamburger Fernsehturm Bunji zu jumpen.

Als Pragmatiker würde ich andern Rauchern mit einem solchen Problem wahrscheinlich raten, das Rauchen aufzugeben, ich habe mich jedoch zu einer Therapie entschieden. Genauer gesagt, zu einer Schocktherapie.

Wie kann man eine psychische Blockade ein für alle mal überwinden? Indem man sie vor der Überwindung noch unüberwindlicher macht. Was also könnte ich tun? Mein letztes 50er Cabinet Ramon Allones Coronas anbrechen? Kinderkram. Meine letzte Davidoff Chateau Latour rauchen? So einfach wollen wir es uns nicht machen. Wie wäre es mit dem Anbruch eines der Bücher aus der Colección Habanos, z. B. das Pargatagas-Buch, welches schon lange vergriffen ist? Nicht schlecht. Aber es geht noch drastischer: Ich könnte zwei wunderschöne Sonderhumidore mit je 100 traumhaften Zigarren gleichzeitig schlachten. Ohne mit der Wimper zu zucken. Und das nicht etwa zu einem besonderen Anlass mit guten Freunden, sondern einfach so. Eiskalt.

Zunächst stellte sich allein bei dem Gedanken Übelkeit ein. Ich stellte mir zwei besonders schöne Humidore vor – einen Montecristo-Humidor mit 50 Zigarren des Formates „A“ und 50 „Salomones II“ sowie einen Humidor von Romeo y Julieta mit 50 „Aguila“ (einem Perfecto-Format) und 50 „109“ – und wagte nicht einmal, in Anbetracht solch frevelhafter Vorstellung, in Gedanken die Deckel zu öffnen. Doch nach und nach stellte sich klammheimliche, sadomasochistische Freude beim Gedanken an die Schmerzen ein, die die Entnahme der ersten Zigarre bereiten würde. Damit nicht genug! Wie wäre es, jedem Humidor gleich mehrere Zigarren zu entnehmen? Ein regelrechtes Schlachtfest zu veranstalten?

Doch so viele Zigarren auf einmal kann ich natürlich nicht rauchen. Außerdem könnte ich mir die Humidore auch nicht leisten. Leider werde ich sie auch nicht auf Rezept erhalten. Wie wäre es also, den Inhalt der Humidore mit anderen Aficionados zu teilen und so die Kosten in vertretbarem Rahmen zu halten? Gesagt getan.

Zwischenzeitlich sind beide Humidore ordentlich geplündert und die fehlenden Zigarren an Aficionados verkauft, die wie ich mal Zigarren aus einem Sonderhumidor probieren möchten – und ich bin geheilt.