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29-09-19 16:50 Alter: 5 yrs

VON:DIRK REHDER

Über den Wolken …

… muss die Freiheit wohl grenzenlos sein … So zumindest verhieß es ein alter Schlagertext. Ein ähnliches Versprechen stammte aus dem Hause Arnold André in Form einer Lufthansa-Edition der Marke Handelsgold.



Handelsgold Lufthansa Edition


Mit besten Empfehlungen …


Ein kleines Blech-Etui, noch original gefüllt mit zehn kleinen Zigarren, zieht die neugierigen Blicke auf sich. Prangt auf dem Deckel nicht nur das Markenemblem von Handelsgold, sondern auch ein altes Logo der Lufthansa. Die Tabaksteuermarke verrät, diese Zigarren-Schachtel hat einst vier Deutsche Mark gekostet. Die neugierige Frage lautet: Aus welcher Zeit stammen diese Zigarren und was hat es mit der Beteiligung der Lufthansa auf sich?

Da die Lufthansa erst vor kurzem ihren optischen Unternehmensauftritt erneuern ließ, fällt die Recherche nach dem alten Logo nicht sonderlich schwer. Das hier vorliegende Markenzeichen stammt aus der frühen Nachkriegszeit zwischen 1954, dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Flugbetriebs durch die Lufthansa, und 1962. Das erste Logo nach dem Krieg prägte ein Schriftzug in Großbuchstaben, die sich einer markanten serifenbetonten Typografie bediente. Eine so genannte Egyptienne, die von Prof. Georg Trump zwischen 1939 und 1952 entworfene Schriftenfamilie namens Schadow-Antiqua – elegant und zu damaliger Zeit sehr modern. Im Jahr 1962 beauftragte die Lufthansa den renommierten Grafikdesigner Otl Aicher mit der Modernisierung ihres visuellen Firmenauftritts. In diesem Zuge wurde der Markenschriftzug grundlegend geändert. Die in Versalien gesetzte Schadow-Antiqua wurde durch eine gemischt gesetzte Helvetica ersetzt, eine zu damaliger Zeit sehr innovative und vor allem serifenlose Schrift, die erst wenige Jahre zuvor durch Max Miedinger entworfen wurde.

Aufgrund dieser Recherchen liegt die Vermutung nahe, diese Schachtel Handelsgold müsste aus der Ära zwischen 1954 und 1962 stammen.

Nachgefragt im Hause Arnold André, dem Hersteller von Handelsgold, beteiligt sich deren Marketing-Direktor Jens Schrader an der Detektivarbeit und wühlt sich durch die Annalen der Firmenhistorie. Diese bringt Erstaunliches hervor. Laut Unterlagen wurde die Lufthansa-Edition von Handelsgold ab 1965 und bis ins Jahr 1982 produziert und über den »gehobenen Fachhandel« dem geneigten Genießer feilgeboten. Auch an Bord der Lufthansa-Maschinen, in der ersten Klasse, sollen diese Zigarren angeboten worden sein und selbst deren Genuss während des Fluges sei möglich gewesen. Die Archivunterlagen verraten zudem, dass 1965 das Zehnerkistchen der Lufthansa-Edition die bereits erwähnten vier Deutsche Mark gekostet hat. Bis zur Einstellung dieser Edition 1982 war der Preis auf Fünfmarkfünfzig angestiegen.

Somit steht fest, das Blech-Etui und die darin befindlichen Zigarren müssen aus dem Jahr 1965 stammen. Verwunderlich dabei ist, dass die Lufthansa hierfür mit ihrem alten Nachkriegsemblem arbeitete, anstatt ihr damals aktuelles Unternehmens-Design zu verwenden, für dessen Entwicklung dem Gestalter Otl Aicher sicher ein nennenswertes Honorar gezahlt werden musste. Diese Frage lässt sich wahrscheinlich nicht mehr klären.

Der Zigarrengenuss über den Wolken gehört jedoch nicht nur bei der Lufthansa seit langer Zeit der Vergangenheit an. So ist es eben mit den enger gesteckten Grenzen der Freiheit …