Artikel-Single-View
06-05-20 09:57 Alter: 4 yrs

VON:PAUL ALTENAU

Werden Habanos durch die Lagerung generell besser?

Paul Altenau ist der kubanischen Zigarre seit etwa 38 Jahren verfallen. Sein Wissen über das Lagerungspotenzial der Habanos’ ist alleine schon deshalb profund – und lesenswert.



Hoyo de Monterrey Piramide • Edición Limitada 2003


Bolivar Gold Medal • 2004 • 1. Auflage

Habanos’, also Zigarren aus 100 % kubanischem Tabak, der in der Region Vuelta Abajo und teilweise in der Semi Vuelta angebaut wurde, entwickeln sich mit der Zeit weiter. In dieser Hinsicht sind sie mit gutem Wein vergleichbar. Ähnlich wie Wein aus dem Bordeaux sind kubanische Zigarren nicht ausgereift, wenn sie in den Handel gelangen. Es geht zwar nicht so weit, dass man sie subskribieren kann, wie es bei Wein aus dem Bordeaux und einigen anderen Anbaugebieten der Fall ist, aber man sollte sie längere Zeit reifen lassen, bevor man sie raucht.

Bedeutet das, dass Habanos’ durch die Lagerung generell besser werden? In den meisten Fällen kann man diese Frage mit „Ja“ beantworten, aber eben nur in den meisten Fällen.

Ich habe den Eindruck, dass die Kubaner in den letzten Jahren versuchen, verstärkt Zigarren auf den Markt zu bringen, die bereits bei der Auslieferung „gefälliger“ sind. Das ist m. E. vor allem bei Neuerscheinungen zu beobachten. Diese schmecken oftmals frisch erstaunlich gut und nicht selten entwickeln sich diese Zigarren zumindest in den ersten Folgejahren nicht positiv, d. h., sie schmecken in der Folgezeit nicht mehr so gut. Ob sich das im späteren Verlauf ändert, muss man abwarten, aber ich befürchte, dass das nicht der Fall ist.

Auf welche Weise diese „Gefälligkeit“ erreicht wird (besondere Mischung, besondere Züchtungen, Behandlung des Tabaks), kann ich nicht sagen. Ich gehe aber nicht davon aus, dass es an einer längeren Lagerung des Tabaks bzw. der fertigen Zigarren liegt, da sich an der Verfügbarkeit des Tabaks nichts Grundlegendes geändert hat.

Auch in der Vergangenheit hatte ich Fälle, in denen mir die Zigarren nie wieder so gut geschmeckt haben, wie kurz nach dem Eintreffen in Deutschland. Zwei Fälle sind mir besonders im Gedächtnis geblieben, weil diese Zigarren frisch nicht nur besser geschmeckt haben, sondern ein Geschmacksprofil aufwiesen, wie ich es zuvor noch nie und auch danach nie wieder vorgefunden habe.

Die erste war die Hoyo de Monterrey Piramide Edición Limitada 2003. Diese Zigarren hatten frisch einen unglaublich fruchtigen Geschmack. Man hatte beim Rauchen den Eindruck, einen Obstsalat zu essen. So etwas habe ich wirklich vorher und auch danach nie wieder erlebt. In der weiteren Entwicklung waren die Zigarren dann für meinen Geschmack eher durchschnittlich.

Der zweite Fall war die erste Wiederauflage der Bolivar Gold Medal aus dem Jahr 2004, in den USA „Wolters BGM“ genannt. Die waren beim Erscheinen extrem stark und gleichzeitig unglaublich süß, eine grandiose Kombination, die ich so auch annähernd nie wieder erlebt habe. Leider habe ich die Kisten nach dem Rauchen zweier Probezigarren eingelagert und das war’s. Die Zigarren schmeckten zwar nach 10-15 Jahren sehr gut, aber sowohl die Stärke als auch die Süße waren verschwunden. Schade. Sie haben mir frisch viel besser geschmeckt.

Was lernen wir daraus? Wenn Zigarren frisch großartig schmecken: Rauchen und ggf. nachkaufen!