Zigarren rauchen in Nordkorea
Zigarrenmeister Mark Riemann erkundete die Zigarrenszene in Nordkorea und testete dort die »Art of Smoke«-Zigarre der Woche.
| Mark Riemann in Pjöngjang. Die geballte Faust ist eine Kampfansage – für den Verein www.starkgegenkrebs.de
Die allabendlichen Utensilien für die Chronologie des Tages. (alle Bilder: Mark Riemann)
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Schon seit Jahren zog mich Nordkorea mit seinem restriktiven System, seinem fremdländischen Habitus und seiner totalen Abschottung in seinen Bann. Der Gegensatz in grundsätzlichen Bereichen, wie unserem Wertesystem, unserer Kultur, politischer Struktur und Gesellschaft weckte mein Interesse. Und ich nahm jede mir zugängliche Information aus Presse, Funk, Fernsehen und Internet hungrig und wissbegierig auf. Den Interessen-Hunger konnte ich aber nie ganz stillen, so dass in mir langsam der Gedanke heranwuchs, selbst dieses Land zu bereisen.
Anfang des Jahres 2014 fasste ich schließlich den Entschluss, nach Nordkorea zu fliegen und buchte verbindlich meine Reise im Juni des gleichen Jahres, so dass ich im Oktober 2014 über Düsseldorf, Moskau, Peking über Pjöngjang nach Nordkorea einreiste.
Die erste Begegnung mit Nordkorea war wie erwartet, die Einreisekontrolle war streng, von hohem Misstrauen der kontrollierenden Beamten geleitet und konsequent, so dass sämtliches Gepäck und die eigene Person absolut begutachtet wurden. Nichts wurde hier dem Zufall überlassen.
Ich war Teilnehmer einer 5-köpfigen deutschen Reisegruppe und wir wurden in das Yanggakdo-Hotel in Pjöngjang eingecheckt. Mit der Einreise nach Nordkorea war jeglicher Kontakt mit der heimatlichen Außenwelt komplett unterbrochen. Keine Möglichkeit, ins Internet zu gehen, das Smartphone war frei von jeglichem Empfang, das Fernsehen strahlte nur den nordkoreanischen Staatssender aus und unsere Reisepässe verblieben bei den nordkoreanischen Reisebegleitern. Zudem spürte man mit direkt nach der Einreise, dass man in seinen gewohnten Freiheitsrechten stark beschnitten war.
Bei meinem 7-tägigen Aufenthalt in Nordkorea wurden wir am Morgen von den Deutsch sprechenden Reiseleitern vom Hotel zu einem täglich perfekt durchorganisierten Erkundungstag abgeholt. Und wurden am Abend in die Obhut des uns überwachenden Hotels übergeben.
An den Abenden im Hotel genoss ich im „Internationalen Café“ die dann mir übriggebliebene Freiheit. Ich schrieb hier Tagebuch und rauchte an jedem Abend eine gute Zigarre aus meinem Portfolio, welches ich bewusst für meinen Aufenthalt in Nordkorea ausgewählt hatte. Für meinen mehrtägigen Aufenthalt in Nordkorea hatte ich 9 Zigarren mitgenommen: 2 Romeo y Julieta Exhibicion No. 4, 2 Montecristo No. 2, 2 Bolivar Coronas Gigantes, 2 Hoyo de Monterrey Double Corona und eine Zigarre aus dem aktuellen »Art of Smoke«-Tasting.
Bei einem vor Ort gebrauten Bier widmete ich mich allabendlich genussvoll einer guten Zigarre und zog hier die Blicke und das vorerst verstohlene Interesse der nordkoreanischen Bedienung auf mich. Das an jedem Abend wiederholte Ritual aus bewusstem und vorsichtigem Anschnitt der Zigarre, das gezielte und bedächtige Entzünden des jeweiligen Longfillers, die genießerischen und vollmundigen ersten Zügen am feinen Tabak blieben nicht ohne Wirkung. Der Barkeeper kam mit jedem Abend näher auf mich zu, er hatte so etwas bis dato wohl noch nicht in dieser Art und Hingabe gesehen. So raucht man in Nordkorea zwar sehr freizügig, aber halt ausschließlich Zigaretten und auch die internationalen Gäste frönten nicht offensiv der Leidenschaft eines Aficionados.
Besonders fremd wirkte wohl auf ihn das bewusste Tasting der »Art of Smoke«-Zigarre, welches ich nach den »Art of Smoke«-Kriterien abgriff. Aussehen der Zigarre, Zugverhalten, etc …. Ein Umgang und eine Wertschätzung, die man einer Zigarette nicht immer so intensiv und detailliert entgegenbringt.
Nach dem dritten Abend stellte der Barkeeper mir schließlich die ersten Frage: „Was kostet eine solche Zigarre?“ Ich antwortete, im Durchschnitt ca. 8 Euro. Seiner Reaktion konnte ich entnehmen, dass dies für ihn schwer vorstellbar war, wo doch das Bruttoinlandsprodukt eines Nordkoreaners noch nicht mal bei 1,5 % unseres vergleichbaren BIP liegt. Aber er war nicht negativ abgeschreckt, sondern erkannte viel mehr das Besondere an einer Zigarre und begegnete mir mit jedem weiteren Abend mit weiterem Interesse. Er ließ sich detailliert den Anschnitt der Zigarre zeigen, rollte die Zigarre auf Nachfrage zwischen seinen Fingern und interessierte sich für die verschiedenen Marken und Formate.
Ich wußte, dass Nordkoreaner kein Trinkgeld oder Ähnliches annehmen dürfen. Und so entschied ich mich am letzten Abend, meinen Cutter und meine zwei letzten Zigarren (eine Hoyo de Monterrey Double Corona und eine Romeo y Julieta Exhibicion No. 4) verdeckt am Tresen für ihn zu hinterlassen. Er verstand meine Geste wortlos, nahm alles unbemerkt an sich und bedankte sich mit einem offenen Lächeln bei mir.
Ich werde diese Aficionado-Abende im „Internationalen Café“ im Yanggakdo-Hotel in Pjöngjang nie vergessen, durfte ich doch erfahren, dass der Genuss einer Zigarre einen mit temporärer Freiheit entschädigt und auch unterschiedlichste Menschen miteinander verbinden und Kulturen überspringen kann.
Meine Hoffnung ist, dass ich ein wenig den Aficionado-Gedanken für hohen Rauchgenuss als kleinsten Keim in Nordkorea implantieren konnte. Vielleicht erwächst daraus eine besondere Pflanze. Wer weiß.