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08-02-06 15:06 Alter: 18 yrs

VON:GH

Zigarrenpreise in der Gastronomie

Eine Montecristo No. 4 (Ladenpreis 7 Euro) für 35 Euro? - Ja, das gibt es. Zumindest ist es neulich in einem der sogenannten Gourmettempel geschehen, dessen nähere Identifizierung hier nicht vorgenommen werden soll, ist doch das Essen dort wirklich keiner Bemängelung wert. Aber dieser Cigarrenpreis? Das Fünfache des Ladenpreises? Sind 500% Aufschlag in der Gastronomie vielleicht normal, so dürfte wegen der Tabaksteuer hier doch wohl etwas anderes gelten. Immerhin sind wir in Deutschland. Und da ist alles geregelt. Freiräume sind kaum vorstellbar. Und schon gar nicht, wenn es um Tabak geht.



In der Gastronomie darf für Edelzigarren ein angemessener Aufschlag auf den KVP (Kleinverkaufspreis) verlangt werden.

Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung, sagen die Juristen. Also zunächst ein Blick in das Tabaksteuergesetz. §26 TabStG ist da recht eindeutig und unmißverständlich: Es gilt der auf der Packung angegebene Kleinverkaufspreis. Eine Abgabe zu einem höheren Preis ist unzulässig.

Fehlanzeige auch bei der Tabaksteuerdurchführungsverordnung. Kein Wort zum Thema Cigarrenpreise in der Gastronomie.

Hilflos wenden wir uns an die Hüter der Tabaksteuer, die Tabaksteuerzeichenstelle in Bünde. Und siehe da: Natürlich ist auch dieser Fall geregelt. Es gibt zwar keine der Öffentlichkeit zugänglichen Regeln, sondern lediglich eine interne Handlungsempfehlung über mehrere Seiten, aber immerhin ist unser Grundvertrauen in die deutsche Regelungsvielfalt nicht erschüttert.

Grundsätzlich gilt: In einem gastronomischen Betrieb darf eine Cigarre nur zu dem auf der Verpackung angegebenen Einzelpreis verkauft werden. Jeder Verkauf zu einem höheren Preis durch den Gastronomen oder den Gastronomiebetrieb stellt eine Steuerhinterziehung dar, die zusammen mit anderen Straftatbeständen, die dabei erfüllt werden, geahndet werden kann.

Etwas anderes ist es, wenn der Kellner in einem Restaurant dem Gast eine Cigarre an den Tisch bringt, sie anschneidet und / oder sie gar noch anzündet. In diesem Falle darf für diesen Service ein angemessener Serviceaufschlag in Rechnung gestellt werden. Entscheidend ist, dass dieser Serviceaufschlag direkt an den Kellner oder die servierende Person gezahlt wird. In der Rechnung des Gastronomiebetriebes darf dieser Serviceaufschlag nicht auftauchen. (Natürlich gilt dieser Serviceaufschlag als Einnahme, die der Kellner in seiner persönlichen Steuererklärung aufführen muß.)

Die Höhe muß, wie man so schön sagt, "angemessen" sein. Was das in der Praxis bedeutet, hängt vom individuellen Einzelfall ab. Ein Bauchladenverkäufer, der im Fußballstadion eine Tubo für 1,80 'rüberschmeißt, kann weniger Serviceaufschlag verlangen als der Habanosommelier, der in einem edlen Gourmettempel neben der Beratung und der Auswahl auch noch die Präsentation, das Anschneiden und das Anzünden vornimmt. Für die jeweilige Höhe des Aufschlages gibt es keine feststehenden Regeln.

Entschieden wird die Angemessenheit im Falle des Bekanntwerdens bzw. von Beschwerden zunächst durch die Außendienstmitarbeiter der Zollverwaltung. Halten sie ihn für unangemessen, erteilen sie in einem ersten Schritt eine kostenlose Verwarnung und im Wiederholungsfalle einen Bußgeldbescheid. Gegen diesen kann sich der Kellner natürlich zur Wehr setzen, indem er das Gericht anruft. Und dann wird evtl. ein genußunfähiger Richter über die Angemessenheit entscheiden.

Fazit: Der Gastronom als Betriebsinhaber muß auf seiner Cigarrenkarte oder in seinem mündlichen Angebot den Originalkleinverkaufspreis, der aus der Banderole auf der Kiste ersichtlich ist, nennen. Dann sollte er tunlichst den Serviceaufschlag nennen, der direkt an die servierende Person zu zahlen ist. Auf der Rechnung des Gastronomen hat dieser Aufschlag daher auch nicht aufzutauchen.

Je nach Ausgangsgröße (Cigarre für 1 Euro hat fast den gleichen Serviceaufwand wie eine für 20 Euro) werden ca. 20-30% als Aufschlag akzeptiert. In allen anderen Fällen würde sich die Steuerzeichenstelle Bünde dafür interessieren und eine Kontrolle der Angemessenheit in dem Betrieb vornehmen.