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06-02-16 12:33 Alter: 8 yrs

VON:D.R.

Zigarrenverband: Der Markt für Tabakwaren wird sich ändern

Die EU-Tabakproduktrichtlinie, die bis zum 20. Mai 2016 in nationales Recht umgesetzt sein muss, wird nicht ohne Folgen für Zigarrenraucher und -produzenten bleiben. Der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Zigarrenindustrie, Bodo Mehrlein, malt im Interview mit »Art of Smoke« aber nicht ausschließlich schwarz.



Geschäftsführer des Bundesverbandes der Zigarrenindustrie: Bodo Mehrlein

Art of Smoke: Welche Auswirkungen wird die Tabakproduktrichtlinie auf Zigarrenraucher haben?

Bodo Mehrlein: Im Moment wird das Tabakerzeugnisgesetz und die Tabakerzeugnisverordnung im Bundestag bzw. Bundesrat besprochen. Es ist aber davon auszugehen, dass sich der Markt für Tabakwaren als Folge dieser Regulierungsmaßnahmen ändern wird. Die Auswirkungen auf den Zigarrenraucher werden nur indirekt sein, da der Raucher selber nicht Gegenstand der Regulierung sein wird.

Grundsätzlich kann man festhalten, dass die Tabakproduktrichtlinie festgestellt hat, dass Zigarren und Zigarillos echte Genussartikel sind, die von meist männlichen Konsumenten gehobenen Alters nur gelegentlich geraucht werden. Vor diesem Hintergrund eröffnet die Richtlinie für Zigarren, Zigarillos und auch Pfeifentabake Ausnahmen bzgl. der Aromen und Warnhinweise.

Da die Tabakproduktrichtlinie besonders die mittelständische Zigarrenindustrie kostenmäßig überproportional belasten wird, ist davon auszugehen, dass sich das breite Angebot an Zigarren und Zigarillos langfristig eher reduzieren wird. Vollkommen absurd im Sinne des Verbraucherschutzes ist, dass der Raucher in Zukunft auf den Verpackungen der Tabakprodukte nicht mehr über die Aromen bzw. den Geschmack seines Produktes informiert werden darf. Hier wird es sicherlich zu Änderungen der Produktnamen bzw. der zusätzlichen Beschreibungen auf den Verpackungen kommen.

Art of Smoke: Welche Folgen sehen Sie für Zigarrenhersteller?

Bodo Mehrlein: Auch hier müssen wir den finalen Gesetzestext für eine Bewertung abwarten. Das gravierendste Problem wird jetzt darin bestehen, dass dieser Gesetzestext, der ja die Entscheidungsgrundlage für die Unternehmen bildet, erst kurz vor Inkrafttreten also kurz vor dem 20. Mai 2016 vorliegen wird. Die Unternehmen haben somit nur wenige Wochen Zeit, ihre Produktion und die Verpackungen umzustellen. Dies ist faktisch unmöglich. Es ist deswegen zwingend notwendig, dass es hier eine Verlängerung der Frist gibt.

Die Belastungen der mittelständischen Zigarrenindustrie aus den Regulierungsmaßnahmen der Richtlinie werden sehr hoch sein. Ein administrativ sehr aufwendiges Meldeverfahren für Inhaltsstoffe und ein aufwendiges System der Rückverfolgbarkeit sind für die Zigarrenindustrie administrativ und wirtschaftlich kaum zu leisten.

Art of Smoke: Ist damit zu rechnen, dass die Bundesregierung bei der Umsetzung der Richtlinie von den vorgesehenen Ausnahmen für Tabakprodukte, die von wenigen und älteren Rauchern genossen werden, Gebrauch macht?

Bodo Mehrlein: Die Ausnahmen aus der Richtlinie für Zigarren, Zigarillos und Pfeifentabake sind in dem Gesetz so umgesetzt worden, d.h. es wird z.B. keine kombinierten Bild/Text-Warnhinweise für Zigarren und Zigarillos geben.

Art of Smoke: Der Widerstand gegen die Umsetzung der Richtlinie schien von Anfang an nicht sehr groß. Auch jetzt wirkt es seltsam ruhig bei dem Thema. Haben sich Hersteller und Raucher schon mit ihr abgefunden?

Bodo Mehrlein: Im Rahmen der Erarbeitung der Richtlinie in Brüssel hat es viele Aktivitäten der Verbände und auch der Konsumenten - also der Raucher - gegeben. Die Regierungen sind jetzt gezwungen bis zum Mai 2016 diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die Hersteller, vertreten durch die jeweiligen Fachverbände, haben und werden darauf achten, dass die Richtlinie - wie im Koalitionsvertrag festgelegt - auch 1:1 umgesetzt wird. Alle Punkte, die über die Anforderungen der Richtlinie gehen, werden von uns angesprochen.