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Davidoff • Legende - Mythos - Wirklichkeit

Dieter H. Wirtz ist der einzige Autor, der in den vergangenen Jahren zum Thema Zigarre im weitesten Sinne etwas Bemerkenswertes zwischen zwei Buchdeckeln hervorgebracht hat. Nach dem Zigarren-Lexikon und diversen Cigar-Calendarien ist nun sein neuestes Werk über Zino Davidoff erschienen. Der 100. Geburtstag dieses großen kleinen Mannes der Zigarre war Anlass für den Autor, sich über Monate hinweg intensiv mit dem Leben und Werk des 1994 Gestorbenen zu beschäftigen.

Das Ergebnis ist ärgerlich und schön zugleich.

Ärgerlich, weil

  • es auf den ersten 100 Seiten nicht einmal sekundär und höchst mittelbar um Zino Davidoff geht. Im Vordergrund stehen hier nach einem Prolog und Anmerkungen zu diesem Buch Betrachtungen zur russischen Geschichte, die Situation russischer Juden im 19. Jahrhundert sowie Mutmaßungen und Ermitteltes zu Zinos Eltern und deren Geschäft. Lediglich sechs Seiten sind der zu Davidoffs Leben gehörenden Verbrennung von 131.000 Havanna-Zigarren im Jahre 1989 gewidmet. (Im Buch wird fälschlicherweise von 1988 geprochen.) Denen wiederum folgen neun Seiten, auf denen man den fast physischen Schmerz nachempfindet, den der Autor bei diesen Passagen gehabt haben muss. Sein Drehen und Winden um eine Beurteilung endet nach ewigen und ermüdenden Schlängeleien in einem "Sowohl ... als auch".
  • die letzten 100 Seiten nur hinsichtlich der 40 Seiten Register,Glossar, Zeittafeln etc. unmittelbar mit Zino Davidoff und / oder Zigarren zu tun haben. Auf dreißig Seiten führt der Autor ein fiktives Interview mit ZD. Eine sehr schöne Idee, die die Ansichten und Denkweisen des Verstorbenem dem Leser näher bringen könnte. Leider verwendet der Autor dieses Stilmittel u.a. dazu, seine eigene Meinung über längere Passagen zum Ausdruck zu bringen. Und was ein Brand aus dem Jahre 1996 - also zwei Jahre nach dem Tod von ZD - mit diesem zu tun haben soll, erschließt sich auch nur schwer. Die Zeit nach ZD (Oettinger, Dr. Schneider) wäre ein eigenes Buch wert.
  • der Autor seine unbestreitbare Kompetenz, seinen guten Ruf und seine Zitierfähigkeit auf´s Spiel setzt, wenn er schreibt, Zino Davidoff habe den ersten Humidor auf den Markt gebracht. Mindestens seit 1913 sind Zigarren-Konservierungs-Schränke und -Kästen auf dem Markt.

Schön, weil

  • auf den verbleibenden 120 Seiten das Bild eines Do-It-Your-Self-Mannes gezeichnet wird, der auf der Basis von Arbeit, Ausdauer und Authentizität aus der Zigarre ein Kult- und Kulturobjekt zu machen verstand.
  • Anekdoten geschildert werden, die einen Blick in das Wesen und die Philosophie des ZD geben.
  • wahre Geschichten niedergeschrieben wurden, die einen Blick auf den "Pater Familias" Zino Davidoff erlauben.
  • damit zugleich die Grundlage beschrieben wird, auf der der "Docteur" (Dr. Ernst Schneider) aus dem "Detailgeschäft" Davidoff einen weltweit agierenden Konzern machen konnte.
  • durch immer wieder eingestreute "Szenenwechsel", die parallel einen Teil der Geschichte des wachsenden Oettinger-Geschäftes schildern, stilmittelsicher deutlich wird, dass etwas zusammenwächst, was - zumindest nach Ansicht des Autors - zusammen gehört.
  • durch den Abdruck z. T. bisher unveröffentlichter Fotos Dokumente der Nachwelt gezeigt und erhalten werden.

Warum also rund 160 aufblähende Seiten? Ein bekannter Verleger und Habanos-Experte meinte dazu: "Dicke Bücher verkaufen sich halt besser."

Dies wiederum sei dem Autor herzlichst gegönnt.

 

Dieter H. Wirtz
Davidoff
Legende - Mythos - Wirklichkeit
304 S., Hardcover, Fadenheftung, Lesebändchen
Econ Verlag, Berlin 2006
ISBN 3-430-19813-5
24,90 Euro