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Genussbarometer Deutschland

JTI Germany, deutsche Tochter des weltweit drittgrößten Zigarettenunternehmens Japan Tobacco International (JTI) hat Anfang 2004 zwei renommierten Meinungsforschungsinstituten den Auftrag erteilt, das Genussverhalten und die Einstellung der Deutschen zum Genuss zu untersuchen. Vorgehensweise und Ergebnisse werden in diesem Buch auf den ersten 52 von insgesamt 254 Seiten vorgestellt. Das mitgeteilte Zahlenwerk führt zu dem Resümee: Genießen setzt lediglich sinnliche Aufmerksamkeit voraus und ist nicht gebunden an einen prall gefüllten Geldbeutel oder den unlimitierten Einsatz einer Kreditkarte.

Nach einer Auflistung all der Dinge, die in den Genussbereich fallen, erfolgt eine Typisierung in Couchgenießer (36%), Geschmacksgenießer (27%), Erlebnisgenießer (17%) und Alltagsgenießer (17%). Für den, der tiefer in die Typologie einsteigen möchte, werden umfangreiche Beschreibungen und Charakterisierungen geliefert.

Nach diesem zwangsläufig etwas trockenen Zahlenwerk, das seinen Wert insbesondere für Marketing- und Vertriebsleute bei der Betrachtung und Durchleuchtung ihrer potenziellen Kundschaft oder für die Entwicklung neuer Verkaufs- und Marketingstrategien hat, kommen rund 200 Seiten mit fünf- bis zehnseitigen Beiträgen, in denen verschiedene Genussmittel und das, was da drum herum ist, von Fachautoren portraitiert oder in einzelnen Facetten dargestellt werden. Dabei handelt es sich durchweg um attraktiv geschriebene und - dort, wo es angebracht ist - einfühlsame Texte, die in jedem Falle ein inniges und vertrautes Verhältnis des Autors oder der Autorin zum Thema spüren lassen. Zum Teil sind es sehr sachlich und informativ gehaltene Beiträge mit aktuellen Bezügen und Informationen für Themeneinsteiger andererseits aber auch Gedanken, denen zu folgen Spaß macht.

Die 29(!) Autorinnen und Autoren sind allesamt beruflich mehr oder weniger mit dem Thema beschäftigt, über das sie schreiben, so dass die mitgeteilten Fakten fundiert sind.

Pars pro toto seien genannt:

Thomas Platt, zugleich Herausgeber des Buches, schreibt über die Enkelkinder des Olymp - vom Service im Luxusrestaurant. Eine höchst amüsante Darstellung, wenn er die verschiedenen Serviceränge in eine militärische Hierarchie einordnet und dem Gast freistellt, der Parade auch einfach mal den Rücken zukehren zu können.

Maximilian Herzog, Zigarrenraucher seit dem 14. Lebensjahr, hat das Argument, Rauchen störe die Aromen des Essens, nie verstanden. Abgesehen von der Rücksichtnahme auf Nichtraucher empfiehlt er zu einer langweilig gebratenen Kalbsleber eine Hoyo de Monterrey du Prince oder eine Maduro von Macanudo zu einem Hirschpfeffer. Ungewöhnlich, aber nicht ohne Reiz auch seine anderen Vorschläge, mit Hilfe diverser Zigarren aus einem alltäglichen Menü ein ungeahntes Geschmackserlebnis zu machen.

Michael Allmaier, der mit der provokanten These: "Der Geschmack liegt nicht in den Speisen. Es kommt darauf an, wie man sie isst.", dem Kantinenessen überzeugend einen Genusswert entlockt.

Birk Meinhardt, der eine einfühlsame Geschichte über Genuss durch Glückmomente auf dem Rad schreibt und damit den Beleg für das Resümee der Studie bringt, wonach Genuss lediglich sinnlicher Aufmerksamkeit bedarf.

Summa summarum eine lesenswerte Anthologie des Genusses, für die man einen höheren Preis als 14,90 Euro erwarten könnte.

 
Thomas Platt (Hg.)
Genussbarometer Deutschland
Wie wir zu leben verstehen
Ch. Links Verlag
254 Seiten, Klappenbroschur
1. Auflage, September 2004