Stephen McGinty • Churchill´s Cigar

„Du möchtest nicht, dass ich Zigarren rauche. Ich werde es unterlassen. So gerne habe ich sie auch wieder nicht, dass ich nicht mühelos von ihnen loskommen könnte.“ Dies verspricht der 19-jährige Winston Churchill in einem Brief an seinen Vater im Oktober 1893. Doch natürlich sollte es ganz anders kommen: Kein Mensch sollte je so mit der Zigarre verbunden werden wie der nachmalige britische Premierminister und Volksheld.

Der schottische Journalist und Zigarrenfreund Stephen McGinty ist den Rauchzeichen von Churchills Zigarren gefolgt und hat in den Churchill-Archiven, in Gesprächen mit den wenigen verbleibenden Zeitzeugen und in Reisen an die Schlüsselstellen dieser lebenslangen Liebesbeziehung einem Thema nachgespürt, das anderen Werken über den großen Briten bestenfalls eine Fußnote wert war.

Die Kriegsjahre von 1939 bis 1945 bilden einen natürlichen Schwerpunkt. In dieser Zeit war es für die Zigarrenhändler in Europa sehr schwierig, an Nachschub aus Kuba zu gelangen.

Churchill hingegen musste sich keine Sorgen über seinen Vorrat machen. Verehrer aus der ganzen Welt schickten ihm Hunderttausende von Zigarren. Darüber war man allerdings bei Scotland Yard alles andere als erfreut, erzählt McGinty. Die Beamten befürchteten einen Giftanschlag auf Churchill. 

Als die Kubanische Nationale Tabakkommission einen Schrank mit 2400 Zigarren der besten Provenienzen nach London schickte, prüften Experten 50 davon sechs Wochen lang im Tierversuch und mit chemischen Tests, bis sie sie schließlich als sicher erklärten. 

Das hätte ihnen Churchill allerdings schon anderthalb Monate früher sagen können. An einer Sitzung des Verteidigungskomitees hatte er den Schrank geöffnet, jedem Parlamentarier eines der wertvollen Stücke in die Hand gedrückt und sich selbst eine Havanna angesteckt, Gift hin oder her.

„Churchill’s Cigar“ ist jedoch mehr als eine Sammlung hübscher rauchiger Anekdoten. McGinty webt Churchills Leidenschaft geschickt in den Kontext der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung vom neunzehnten Jahrhundert bis zu Churchills Tod 1965 ein. Damit ist das Werk überaus lesenswert und ein idealer Begleiter für einige rauchige Stunden. 

Zeno Geisseler

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