Bestellung bei Amazon durch Klick auf das Bild

Winston Churchill

Wer die wesentlichen Charakterzüge und Ansichten von Churchill kennen lernen möchte, kann die zwischen 1966 und 1988 erschienenen acht dickleibigen Bände lesen oder aber an einem einzigen Wochenende diesen zusammenfassenden Überblick in sich hineinsaugen.

David Cannadine ist Direktor des Institute for Historical Research an der Universität London. In den Jahren 1994 und 2003 hat er drei Essays zu Churchill veröffentlicht, die nun von Matthias Wolf übersetzt und vom recht jungen Berenberg-Verlag in diesem Band herausgebracht worden sind.

Essay No. 3, - Churchill als Stimme des Schicksals - beschreibt die größte Fähigkeit dieses Mannes; die Rhetorik. Mit 20 Jahren schrieb Churchill seinen ersten und einzigen Roman - Savrola - ein Werk, in dem er dem Titelhelden die rhetorische Genialität anschrieb, die er selber an den Tag legen wollte. 2.360 Reden sind dokumentiert und nahezu alle wurden stundenlang schriftlich und bis ins Detail mit einer nahezu versessenen Liebe zur Präzision und Wortschöpfung ("Blut, Schweiß und Tränen") vorbereitet. Dass dieses die Spontanität beeinträchtigte und dadurch häufig seine Wirkung verfehlte, sah Churchill zwar, konnte es aber nicht ändern. Sehr schön beschrieben ist der Weg, der dann dennoch zum Amt des britischen Premierministers führte.

Essay No. 2, - Churchill und die Monarchie - beschreibt den späteren Literaturnobelpreisträger (1953) als überzeugten Aristokraten, der, völlig abgehoben vom normalen Volk, nicht einmal alleine mit der Londoner U-Bahn fahren konnte, ohne sich hoffnungslos zu verirren. Mit teilweise bis zu 18 Bediensteten ließ sich die feste Überzeugung, dass Monarchie und Aristokratie Kopf und Rückgrat eines jeden Gemeinwesens sein mussten, durchaus halten.

Essay No. 1 - Churchill als aristokratischer Abenteurer - wirft für den Normalbürger auf jeder Seite die Frage auf, wie ein solcher Mensch mit einem solchen Umfeld Premierminister in Großbritannien werden konnte. Zum Teil völlig verkrachte Existenzen in der familiären Verwandtschaft sowie seine eigene, z.T. arrogante und für viele Zeitgenossen unerträgliche Art stellten ihn immer wieder ins Abseits. Ein höchst aufwändiger Lebensstil ohne dazu passende Einnahmen, nächtelange Gelage und Alkoholexzesse führten zu permanentem Geldmangel, aus dem ihn nur Schenkungen von Freunden oder politischen Gönnern befreiten. Gerüchte über Abhängigkeiten oder gar mehr waren die logische Konsequenz.

In dem ganzen Buch kommt das Wort Zigarre nicht ein einziges Mal vor. Nach dem Text zu urteilen, war Churchill Nichtraucher. Auch auf den mitgelieferten sieben Bildern ist nur einmal - und dann auch nur recht verschämt - ein Winston Churchill zu sehen, der eine Zigarre hält. Der Berenberg-Verlag lässt auf Anfrage durchaus glaubwürdig verlauten, dass man keinerlei Retuschen an den Bildern vorgenommen habe. Was nach Durchsicht des gesamten Verlagsprogrammes auch nicht gepasst hätte.

War Churchill also gar nicht der großartige Zigarrenraucher, für den ihn alle Welt hält? Oder hat der Wissenschaftler und Institutsdirektor Cannadine diesen Punkt wegen Belanglosigkeit weggelassen?

Wer darüber etwas sucht, wird vielleicht im 20-seitigen Quellenverzeichnis fündig.

Fazit: Nichts über den Zigarrenraucher Winston Curchill - aber ein höchst informativer Einblick in das Innere eines Mannes, der in den 1940er Jahren eine ganze Nation geführt hat.

David Cannadine
Winston Churchill
Abenteurer, Monarchist, Staatsmann
Berenberg 2005
Hardcover, Fadenheftung, 190 Seiten, 22 cm
ISBN 3-937834-05-02