17-03-07 12:25 Alter: 18 yrs
VON:GH
Die Bahn (ver)kommt
Bleibt es bei den derzeitigen Plänen, wird die Bahn ab dem 1. September 2007 auch in allen Fernreisezügen das Rauchen untersagen.
Hartmut Mehdorn will die Bahn unter allen Umständen an die Börse bringen – koste es, was es wolle. Dazu hat er in den vergangenen Jahren bereits einiges in die Wege geleitet.
Der Bundesrechnungshof hat ihm bestätigt, dass die Investitionen in das Gleisnetz deutlich zu gering sind und dadurch zumindest der Betrieb teilweise eingeschränkt ist.
Sein eigenes Gehalt wurde um 205% erhöht.
Mit dreistelligem Millionenaufwand wurde die Strecke Hamburg-Berlin aufgerüstet – um die Fahrtzeit von zwei auf 1,5 Stunden zu reduzieren. Die gewonnenen 30 Minuten verliert man dann bei Verspätungen oder einem Bahnhof, auf dem der Weg zum Ausgang schon 15 Minuten dauert.
Viel Geld wurde auch in die Kundenbeschwichtigung investiert. Wann immer ein Zug zu spät einläuft, oder am Schalter eine Beschwerde zu hören ist, haben die Mitarbeiter bereits Mineralwasser, Orangensaft oder Gutscheine zur Hand, um sich den Ärger erst gar nicht anhören zu müssen.
Ebenfalls ist es völlig ausreichend, wenn in einem neuen ICE lediglich eine Toilette für alle Reisenden funktioniert. Auch hier spart man Kosten.
Defekte Klimaanlagen werden nicht oder verspätet repariert. Das spart Kosten. Wozu eigentlich Klimaanlagen? In den Bahnhöfen wird der Zug durch die geöffneten Türen einmal gelüftet und das sollte reichen.
Klimaanlagen oder eine einfach nur funktionierende Belüftung sind ein Kostenblock. Verbieten wir doch erst einmal das Rauchen, dann können wir auch die Klimatisierungskosten senken, scheint man sich zu sagen. In einem zweiten Schritt wird man vermutlich dazu übergehen, die Reisenden das flache Atmen zu lehren. Auch an dieser Stelle kann (Sauerstoff) gespart werden.
Hoch willkommen daher die derzeitige Raucherdiskriminierungspolitik. Rauchende Reisende verursachen höhere Klimatisierungskosten. In den Nichtraucherabteilen wird die Luft einfach nur umgewälzt, aber keine Frischluft zugeführt. Außerdem verursachen Raucher höhere Reinigungskosten, da die Aschenbecher geleert werden müssen.
Hartmut (Napoleon) Mehdorn, Deutschlands oberster Fahrdienstleiter, hat nur ein Ziel: Die Bahn muss an der Börse ankommen, was auch immer sie dann sein mag.
Man kann recht sicher sein. Die Bahn kommt an die Börse – allerdings nicht als Reiseunternehmen, sondern als eine Art gehobene Spedition für lebendes Gut. Die kostengünstige Beförderung ist oberstes Ziel. Reisekultur ist da vollständig fehl am Platz.
Die Bahn hätte ohne Aufwand die Möglichkeit, dem rauchenden Drittel der Bevölkerung eine passende Reiseumgebung zu bieten. Am Anfang und Ende eines jeden Zuges ein bis drei Waggons für Raucher reservieren – und schon wäre jede Diskussion zu Ende.
Wie viel Mineralwasser, Orangensaft und Gutscheine verteilende Mitarbeiter könnte man sparen, wenn der Reisende sich bei den allfälligen Verspätungen einfach zurücklehnen und eine Zigarre rauchen kann?
Der Zigarrenraucher ist ein entschleunigter Zeitgenosse. Ihm macht es nichts aus, dass die planmäßige Reisezeit nicht 60 sondern 90 Minuten beträgt.
Doch derartige Individualität und Lust am Reisen steht dem zu formenden EU-Einheits-Beförderungsfall entgegen.
Die Bahn kommt nicht, sie verkommt.