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27-12-21 10:14 Alter: 2 yrs

VON:DAVID ROLLIK

Jahresrückblick • Teil 1



Januar: Das neue Jahr beginnt, wie das alte zu Ende gegangen war: mit einer schlechten Nachricht. Karsten Otto stellt nach 15 Jahren und fast 800 Veranstaltungen seinen monatlichen "After Work Smoke" in Hamburg ein und ersetzt ihn durch die "Secret Cigar Society" mit unter anderem variierender Teilnehmerzahl und unregelmäßiger Frequenz. Ein Grund: Die Räumlichkeiten, um mit mehreren Dutzend Menschen gemeinsam Zigarren zu rauchen, werden weniger. Ein Trend, der sich in 2021 fortsetzen wird. Hier ein Überblick über die (noch) existierenden Zigarrenlounges in Deutschland. Wer beim Versuch, Cohiba-Zigarren zu kaufen, weiterhin scheitert, mag, wenn der Wunsch nach der Marke allzu groß ist, in einer Art Übersprungshandlung zu Cohiba Mini und Club Zigarillos greifen. Diese gibt es nun in vier schicken neuen Verpackungen. Nicht mit den Unwägbarkeiten bei der Zigarrenversorgung, sondern der Frage, ob es sich angesichts der Pandemie überhaupt lohnt, sich Ziele zu setzen, beschäftigt sich "LarZ" Enckhusen in seiner Kolumne Z Faktor. Beim Verfassen rauchte er eine Bolivar Belicosos und bei einer solchen Begleitung reicht auch schon mal der Weg als Ziel. Ein lohnenswertes Ziel ist in jedem Fall, mit Engagement bei "Art of Smoke" das Zigarrenlager zu füllen. Die ersten attraktiven Spenden gehen ein. Nicht zu finden sind darin allerdings die neuen Hoyo de Monterrey Primaveras, die Habanos S.A. anlässlich des chinesischen Neujahrsfests aufgelegt hat. 8.888 Kisten mit je 18 Exemplaren gibt es weltweit zum "Year of the Ox", mit 53 Euro pro Stück ist sie aber kein Schnäppchen. Günstiger ist man da mit der VegaFina Year of the Ox für 13,75 Euro unterwegs. Und bei nur 1.000 produzierten Kisten dennoch exklusiver.

Nochmal zurück nach Kuba. Kenner erinnern sich mit großer Freude an die H.Upmann Magnum 56 EL 2015. Plötzlich ist sie wieder da: im Porzellan-Jar. Oder auch nicht, beziehungsweise nicht direkt, da in Deutschland seit Kurzem Beigaben zu Zigarren verboten sind. Also gibt es die jeweils 20 Zigarren und den Jar getrennt, wodurch die Zigarre mit Jar 42,50 Euro kostet, ohne 32,50 Euro. Oder man zählt zu den Glücklichen, die noch Exemplare der Limitada im Humidor haben. Für die bezahlte man damals übrigens 18,50 Euro. Apropos "früher war alles besser": Wie selbstverständlich wurde dereinst auch im Fernsehen Zigarre geraucht oder thematisiert. Da überrascht es, wenn der Hessische Rundfunk einen Gitarrenbauer vorstellt, der Gitarren unter anderem aus alten Zigarrenkisten herstellt und sich vor laufender Kamera über die großen Warnaufkleber beklagen darf. Die gab es früher natürlich nicht, insofern war damals doch manches nicht gar so schlecht. Später im Jahr wird übrigens die dreiteilige Beatles-Doku "Get Back" beim Streaming-Sender Disney+ zu sehen sein. Und darin ist eine Zigarre nicht nur ständiger Begleiter des Regisseurs der Aufnahmen von 1969, auch Paul McCartney griff immer wieder gerne zur Zigarre - selbst im Studio.

Februar: Der deutsche Alleinimporteur kubanischer Zigarren, 5th Avenue Trading, zieht seine Bilanz des Jahres 2020. Der Umsatz entwickelte sich dank im Homeoffice rauchfreudiger Kunden bestens, doch sorgt die Pandemie nun auch für Mangelwirtschaft im Standardsortiment. Natürlich gibt es auch reichlich Zigarren anderer Provenienzen, die rustikal schmeckende Marzio von Arnold André und Toscano zum Beispiel. Oder die drei Virginy-Formate, die die wiederbelebte Marke Laura Chavin anbietet. Die Preise befinden sich im Premium-Segment, der ausgewogene Geschmack und die Verarbeitung aber auch. Die Pandemie erschwert den gemeinsamen Genuss einer Zigarre. "LarZ" Enckhusen sinniert in seiner Kolumne über virtuelle Cigarity. Auch das Humidor-Konsilium tagt in diesem Jahr mehrfach virtuell.

März: Deutschland befindet sich im Lockdown, Zigarrenveranstaltungen fallen aus, Lounges haben geschlossen. Zum Beispiel die neue Noblego-Lounge, die, kaum geöffnet Ende 2019 schon wieder schließen musste. Einen Abendbetrieb soll es nicht geben, aber während der Geschäftszeiten soll sie die Möglichkeit bieten, nach dem Einkauf gleich eine der Neuerwerbungen zu rauchen. Schick geworden ist sie in jedem Fall. Den Umständen geschuldet findet auch das Festival del Habanos rein virtuell statt. Es heißt in diesem Jahr Habanos World Days, wie 5th Avenue ankündigt. Stattfinden werden sie Anfang Mai. Der Vorteil digitaler Veranstaltungen: Man kann ohne Reiseaufwand teilnehmen. So wächst auch das Humidor-Konsilium um zwei neue Mitglieder. Willkommen!

April: Virtuell geht es in Deutschland auch ins Frühjahr. Der erste Regionalwettbewerb im Langsamrauchen findet am Computer statt. Die SmoKüner aus Künzelsau machen vor, wie es geht. Nachdem Noblego seine Lounge im Humidor-Konsilium vorstellen konnte, geht es nun in den Süden der Republik. Hartmut Leicht stellt seine Zigarrenlounge Würzburg vor, ein kleines Refugium mitten im sonst so rauchfeindlichen Bayern. Bis zu zwölf Zigarrenraucher finden in der Lounge Platz - je nach Pandemie-Verordnung in diesem Jahr auch mal weniger. Auch in Wittlich gibt es eine Lounge. Christian Baeger führt das Humidor-Konsilium virtuell durch sein Geschäft C. Cigars. Praktisch, wenn der Vermieter selbst Zigarrenraucher ist. Während sich Würzburg und Wittlich der Pandemie widersetzen, gibt "Riemanns Lifestyle und Genuss" in Großburgwedel auf. Mit einem Umzug wird der Loungebetrieb eingestellt. Ein Verlust. Ist es auch ein Verlust, die VegaFina Exclusivo Alemania nicht geraucht zu haben? Humidor-Konsiliar Andreas Lemke hat sie probegeraucht.

Mai: Rund 170 Filialen betreibt Wolsdorff Tobacco deutschlandweit. Seit 114 Jahren versorgt das Unternehmen Zigarrenraucher mit allem, das sich zu rauchen lohnt. Die Produkte aus dem Hause Davidoff verkauft Wolsdorff nun auch über den neuen Onlineshop davidoffgeneva.de. Dazu zählt auch die neue Zino Nicaragua, zu der wir eine Verkostungsnotiz haben. Für den ein oder anderen zählt aber nur: Cohiba. Wahrlich das Flagschiff unter den Habanos. Allerdings ist es um deren Verfügbarkeit im 55. Jahr seit der Einführung eher schlecht bestellt, dennoch stand sie im Mittelpunkt der "Habanos World Days", an denen weltweit rund 5000 Aficionados teilnahmen. Gleich drei neue Produkte wurden vorgestellt, dazu Neues von Hoyo de Monterrey, Bolívar, Partagás und Montecristo. Glücklich der, der ein Exemplar ergattert.

Juni: Die Temperaturen machen es endlich wieder möglich, auch draußen eine Zigarre zu genießen. Was aber nicht heißt, dass man dabei nicht auch arbeiten kann. Oder gerade dann. "LarZ" Enckhusen nutzt den Outdoor-Smoke jedenfalls zur Strategiearbeit. Und während es sich darüber Gedanken macht, raucht er eine Rocky Patel Sun Grown. Draußen. Mit Günther Schichl kann das Humidor-Konsilium dank digitaler Anbindung einen Gast aus weiter Ferne begrüßen: Der Chef der Tabacalera Altagracia schaltet sich aus der Dominikanischen Republik zu und berichtet unter anderem über das "paarweise Rollen". Einer fertigt die sogenannte Puppe (Einlage und Umblatt), der andere kontrolliert diese Puppe händisch auf Konsistenz und legt das Deckblatt auf. Ein nicht unerheblicher Aufwand, der sich aber in der Qualität der Zigarren deutlich bemerkbar macht. Seine Ausführungen sind so spannend, dass er auch gleich zum nächsten Humidor-Konsilium eingeladen wird und dabei über schlanke Zigarrenformate und ihre Besonderheiten berichtet. Dazu zählen zwar nicht die neuen José L. Piedra Petit Caballeros, die Bündelware im Robusto-Format ist aber der Beweis, das gute kubanische Zigarren nicht teuer sein müssen. Mitbringen kann man sie zum Beispiel in die Zigarrenlounge des Schloss Wendorf. 30 Kilometer östlich von Schwerin gelegen sind das Hotel und seine außergewöhnliche Lounge ein Leuchtturm in Mecklenbur-Vorpommern, wenn nicht sogar in ganz Deutschland. Wir haben selten eine solche Location erlebt, weshalb sie im zweiten Halbjahr noch eine wichtige Rolle spielen wird.

So viel zum ersten Halbjahr. Teil 2 folgt in Kürze, darin geht es dann unter anderem um den Habanosday, das Finale der Deutschen Meisterschaft im Langsamrauchen sowie den erstmals ausgetragenen Wettbewerb zum Habanos-Champion.